30. Oktober 2025

KOPF DER WOCHE: BRIGITTE LUSTENBERGER

Herzlichen Dank Nicolai Morawitz für das gut recherchierte Portrait von mir in der Hauptstadt.

Kopf der Woche: Brigitte Lustenberger 

«Auch im Verfall steckt Schönheit. Auch das Älterwerden der Haut kann etwas Delikates und Zärtliches sein», sagt Lustenberger in einem Interview. Sie bezieht sich auf ihr Fotobuch «An Apparition of Memory», in dem sie filigrane Lichtbilder von Blumen entwirft. Handwerklich präzise, beinahe chirurgisch scheint sie vorzugehen.
Die ausgebildete Historikerin kenne die historischen Bedingungen der Fotografie, schrieb der Berner Autor Martin Bieri einst über Lustenberger. In Installationen wie «This sense of wonder» arbeitet Lustenberger zum Beispiel mit alten Leuchttischen und Diaprojektoren, die Bilder in den Raum werfen: Insektenleichen, Insektenflügel, Membranen. Da ist sie, die Vergänglichkeit.
Für Lustenberger, die im Alten Loeblager im Weyermannshaus ihre künstlerische Heimat hat, ist sie ein dominierendes Thema. Nicht nur in der Natur, sondern auch beim menschlichen Körper. Die Jury des Jungck-Künstlerinnenpreisesattestiert ihr einen «sensiblen und kritisch reflektierenden Blick auf die Darstellung des weiblichen Körpers». Dabei thematisiere Lustenberger das «Sehen und Gesehenwerden» und mache Vergänglichkeit in ihrer Fragilität, Sinnlichkeit und Poesie sichtbar. Lustenberger fotografiert für ihre Arbeiten immer wieder ihren eigenen Körper: «Ich fotografiere mich selbst, weil ich mich nicht objektivieren kann.»
Die Direktorin des Fotoforums Pasquart in Biel, Amelie Rose Schüle, hat lange mit Lustenberger zusammengearbeitet. Die Wertschätzung für Lustenberger reicht so weit, dass eines ihrer Werke, «Flowers XXIX», sogar in ihrem Schlafzimmer hängt. «Sie schafft klassische Porträts und Stillleben von Blumen, und dabei bleibt sie vollkommen authentisch. Dafür habe ich enormen Respekt», sagte Schüle in einem Interview mit dem Bieler Tagblatt.
Die 56-jährige Lustenberger ist schon mehrfach für ihre Arbeiten ausgezeichnet worden, zuletzt an den Darmstädter Tagen der Fotografie und mit dem Stipendium für Kunst, Fotografie und Architektur des Kantons Bern. Mit dem Jungck-Künstlerinnenpreis, den sie gestern Freitag entgegengenommen hat, erhält sie ein Preisgeld von 15’000 Franken.
Zu sehen ist Lustenbergers Kunst bis zum 1. November in der Galerie Béatrice Brunner am Nydeggstalden. Oder an diesem Wochenende im Dorf Bantigen in der Gemeinde Bolligen: An der ArtBantigen sind Lustenbergers Lichtbilder von verwelkenden Blumen in der Nähe des Brügstock Beizlis zu sehen.